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Nützlinge im Garten oder auch Pflanzenschutz ohne Chemie

Am 18.11.2017 fand ein Seminar des Landesverbandes Schleswig-Holstein der Gartenfreunde e.V. und der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein in Thiensen (Ellerhoop) statt. Die Vorträge waren sehr interessant und ich habe daher den Entschluss gefasst dieses Seminar einmal mit meinen Worten wiederzugeben. Unter Umständen kann der eine oder andere Kleingärtner von dieser Zusammenfassung ja auch profitieren, oder sich bei Interesse auf den entsprechenden Internetseiten weitergehend informieren.

Die Referenten waren Frau Willmer von der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein, ihr Thema war „Nützlinge als wichtige Helfer im „Integrierten Pflanzenschutz“

Frau Dr. Christiansen-Weniger referierte über den biologischen Pflanzenschutz

Herr Barth von der Firma e-nema stellte die Möglichkeiten der Schädlingsbekämpfung mit Hilfe von Nematoden vor.

Herr Henkel von der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein stellte noch einmal Möglichkeiten vor, um im Garten Zufluchtsorte für nützliche Insekten zu schaffen.

Der erste Beitrag begann auch gleich mit einem passenden Gedicht von Wilhelm Busch. Das Gedicht verdeutlicht, dass dieses Wissen durchaus schon länger bekannt ist. Also hier zum Einstieg erst einmal das Gedicht.

Duldsam

Des Morgens früh, sobald ich mir
Mein Pfeifchen angezündet,
Geh' ich hinaus zur Hintertür,
Die in den Garten mündet.
Sie aber sorgt nicht nur mit Fleiß
Durch Eier für Vermehrung;
Sie kriegt auch Junge hundertweis
Als weitere Bescherung.
Besonders gern betracht' ich dann
Die Rosen, die so niedlich;
Die Blattlaus sitzt und saugt daran
So grün, so still, so friedlich.
Sie nährt sich an dem jungen Schaft
Der Rosen, eh' sie welken;
Ameisen kommen, ihr den Saft
Sanft streichelnd abzumelken.
Und doch wird sie, so still sie ist,
Der Grausamkeit zur Beute;
Der Schwebefliegen Larve frißt
Sie auf bis auf die Häute.
So seh' ich in Betriebsamkeit
Das hübsche Ungeziefer
Und rauche während dieser Zeit
Mein Pfeifchen tief und tiefer.
Schlupfwespchen, flink und klimperklein,
Sosehr die Laus sich sträube,
Sie legen doch ihr Ei hinein
Noch bei lebendgem Leibe.
Daß keine Rose ohne Dorn,
Bringt mich nicht aus dem Häuschen.
Auch sag' ich ohne jeden Zorn:

»Kein Röslein ohne Läuschen!«

Wilhelm Busch (1832-1908)

Marienkäfer

Es gibt also Insekten, die äußerst nützlich für uns sind und eine naturnahe Bekämpfung von Schädlingen im Garten durchführen können. Nebenbei bemerkt ist das bei richtiger Anwendung/Förderung der Nützlinge sogar durchaus effektiv. Als sicherlich bekanntestes Beispiel wären da unsere Siebenpunkt-Marienkäfer zu nennen. Wer kennt diese possierlichen Kerlchen nicht noch aus seiner Kindheit. Dabei haben sie, mit ihrer gerade einmal 8 mm Größe, es faustdick hinter den „Ohren“. Sie zählen, rein wissenschaftlich betrachtet, zur räuberischen Art. Denn nicht nur die Larven vertilgen reihenweise Blattläuse, nein auch das ausgewachsene Tier verleibt sich diese Schädlinge täglich ein – bis zu 150 Stück. Nebenbei bemerkt haben die Anzahl der Punkte natürlich nichts mit dem Alter der Tiere zu tun, dass ist lediglich ein Artenmerkmal. Immer häufiger trifft man bei uns auch den asiatischen Marienkäfer an. Er hat wesentlich mehr Punkte auf seinen Flügeldecken, die auch kleiner sind als die Punkte unserer heimischen Art. Der asiatische Marienkäfer wurde aus Asien, erstmalig 1982 in Südfrankreich, eingeführt um Schädlinge zu bekämpfen. Häufig werden Nützlinge aus den entsprechenden Ländern auch importiert um die ebenfalls eingeschleppten Schädlinge bekämpfen zu können,

da es zu dem Zeitpunkt noch keine natürlichen Gegenspieler gibt. Das bezeichnet man wissenschaftlich als Überschwemmungsmethode. Die Marienkäfer und deren Larven ernähren sich hauptsächlich von Blattläusen. Anders als bei den Schlupfwespen, legt dieser Räuber, in allen seinen Stadien, erst so richtig los, wenn die Population der Blattläuse anwächst.

Florfliegen

Dann hätten wir da noch die grüne Florfliege, auch Goldauge genannt, weil die Augen goldfarben schimmern. Das grünliche Tier mit seinen grün schimmernden filigranen Netzflügeln ist aber auch ein ausgesprochener Räuber. Larve und erwachsenes Tier vertilgen Blattläuse. Aber häufig ernähren sich die erwachsenen Tiere auch von Blütenpollen. Die Überwinterung geschieht an geschützten Orten, häufig auch in Wohnungen. Auf dem Speiseplan der Larven stehen aber nicht nur Blattläuse, sondern auch noch Thripsen, Spinnmilben und andere kleine Insekten. In ihrer zwei- bis dreiwöchigen Entwicklungszeit vernichten die Larven zwischen 500-700 Blattläuse. Das Muttertier legt die Eier, die auf einem Stiel sitzen, auf einem Blatt ab. Aus den Eiern schlüpfen dann 0,5 mm große Larven und machen sich auch sofort ans Werk. Mit ihren beiden kräftigen Zangen ergreifen sie ihre Beute und saugen sie dann aus. Allerdings machen sich diese kleinen Räuber auch häufig über ihre eigenen Artgenossen her. Es wurde schon häufig beobachtet, dass sie die Stiele, an denen die Eier befestigt sind, durchkneifen und dann die Eier fressen. Die erwachsenen Insekten erreichen eine Größe von bis zu 18 mm.

Schwebfliegen

Vielen wird nicht unbedingt bekannt sein, dass die Schwebfliegen ebenfalls zu den Nützlingen zählen. Ihren Namen haben sie sicherlich erhalten, weil sie über längere Zeit „in der Luft stehen“ können und es aussieht als ob sie schweben würden. Die erwachsenen Insekten erreichen eine Größe von 10-15 mm. Ihr Aussehen erinnert an Wespen oder Bienen – ihr Hinterleib weist eine ähnliche Zeichnung auf. Sie machen aber im Gegensatz keinerlei Fluggeräusche und sind auch absolut harmlos – sie stechen uns Menschen nicht. Anders bei den Blattläusen - die werden von den Larven, sowie sie geschlüpft sind, sofort attackiert – anstechen und aussaugen. Die Schwebfliege vertilgt in ihrem Larvenstadium zwischen 150–900 Blattläuse und verpuppt sich nach 8-14 Tagen. Die Puppen sehen tropfenförmig aus und ähneln einer jungen Nacktschnecke. Das erwachsene Insekt ernährt sich von Pollen und dem Nektar vieler Blumen. Als Besonderheit für dieses Insekt gilt: sie ist eine so genannte „Zugfliege“ und kann sogar die Alpen überqueren.

Raubmilben


foto: mid-florida research and
education center

Auch die Raubmilben gehören zur räuberischen Gattung. Das trifft auf Jungmilben wie auch auf das ausgewachsene Insekt zu. Mit ihrer bis zu 0,5 mm Größe vernichten sie am Tag bis zu 20 Eier bzw. Larven der Spinnmilbe oder 5 ausgewachsene Spinnmilben. Vom schlüpfen aus dem Ei bis zum erwachsenen Insekt vergeht in etwa eine Woche. Als Nahrung dienen ihnen aber nicht nur Spinnmilben, sondern auch Pollen. Raubmilben lieben feuchte Luft und nicht zu niedrige Temperaturen. Da sie beweglicher als ihre Beutetiere sind verschafft das ihnen einen gehörigen Vorteil.


Schlupfwespen

Aber es gibt nicht nur räuberisch veranlagte Nützlinge. Auch parasitär lebende Nützlinge stehen dem Gärtner zur Seite. Hierzu zählen beispielsweise die Schlupfwespenarten, die mit ihren ca. 3mm praktisch nicht von uns bemerkt werden. Von ihnen existieren mehr als 6.000, die sich jeweils auf ihre speziellen Wirtsinsekten, wie Käfer, Raupen oder Wanzen eingestellt haben. Die Weibchen der Schlupfwespen stechen mit ihrem Legestachel blitzschnell die Blattlaus an und legen jeweils ein Ei in die Laus, die dann im Laufe der Entwicklung der nächsten Schlupfwespengeneration von innen her aufgefressen wird. Zurück bleibt zum Schluss nur noch eine tote, mumifiziert wirkende Blattlaus mit einem kreisrunden Loch, durch das die fertige Schlupfwespe ihren Wirt verlassen hat. Eine einziges Schlupfwespenweibchen kann so in wenigen Tagen bis zu 500 Blattläuse parasitieren und somit letztendlich vernichten. Allerdings kann eine Bekämpfung der Blattläuse nur sinnvoll erfolgen, wenn der Befall noch nicht zu groß ist. Auch haben die Blattläuse einen nicht unerheblichen Vorteil – sie werden bereits ab 8 Grad aktiv. Die Schlupfwespen hingegen erst ab 10 Grad.

Eine gefürchtete Plage stellt die weiße Fliege dar. Sie kann heute nicht mehr mit chemischen Mitteln bekämpft werden. Hier hilft dann nur noch eine sehr kleine Schlupfwespenart. Diese Schlupfwespe benötigt allerdings viel Licht und ist daher nur im Zeitraum Juni bis August aktiv.

Es gibt natürlich noch eine Menge anderer Nützlinge. Wer sich dafür näher interessiert findet unter diesen Links noch jede Menge Informationen.

www.blattlaus.de

www.julius-kuehn.de

Pflanzenschutz beim Julius-Kühn Institut

Faltblätter und Broschueren beim Julius-Kühn Institut

Ist der Befall zu groß und die Nützlinge kommen nicht mehr dagegen an, bleibt häufig nur noch der Griff zu den Spritzmitteln. Wenn man diese Entscheidung dann trifft, sollte man allerdings darauf achten, dass die Mittel ohnehin Bienenfreundlich sind. Aber zusätzlich sollte man auch darauf achten, dass die Nützlinge ebenfalls nicht dadurch betroffen werden.

Informationen zu Blattläusen

Dann gab es noch ein paar interessante Informationen zu den Blattläusen. Diese Spezies ist besonders zäh und vor allen Dingen schon recht lange auf unserem Planeten beheimatet. Genauer gesagt, machen sie unseren Pflanzen schon seit 280 Millionen Jahren das Leben schwer. Hier in Mitteleuropa haben es sich ca. 800 verschiedene Arten gemütlich gemacht und halten uns Gärtner auf Trab. Die Vermehrung erfolgt auf 2 Arten und wird in geschlechtliche und ungeschlechtliche Vermehrung unterteilt. Am Anfang des Jahres erfolgt die Vermehrung durch ungeschlechtliche Vermehrung – also Klone.

Da sind sie uns Menschen wohl ein paar „Jährchen“ voraus. Die Weibchen stellen dann bis zu 5 genetisch identische Klone von sich am Tag her. Da es sich um Lebendgeburten handelt fangen die Klone natürlich auch sofort an die Pflanzen zu schädigen. Durch diese Strategie sind sie den Nützlingen gegenüber zeitlich erst einmal im Vorteil und können so schon beachtliche Populationen aufbauen, ehe die Nützlinge überhaupt in Aktion treten können. In dieser Zeit findet die ungeschlechtliche Vermehrung statt. Erst später im Jahr ändert sich die Vermehrung in die Geschlechtliche, bei der die Weibchen zwischen 40-100 Eier ablegen.

Weitere und spannende Informationen, rund um die Blattlaus, finden Sie hier bei blattlaus.de

Nematoden


Foto aus en.wikipedia.org
wiki/Caenorhabditis_elegans

Über Nematoden hielt Herr Barth, von der Firma e-nema, einen Vortrag. Nematoden sind winzige Fadenwürmer mit einer Größe von ca. 0,6 mm. Nematoden werden z.B. gegen Käferlarven des Gartenlaubkäfers, Maikäfers, Maulwurfsgrillen, Erdraupen und viele mehr eingesetzt. Sie dringen in die Schädlingslarven ein und töten die Larven durch ihr Bakterium, das sie in sich tragen, in wenigen Tagen ab. Danach entwickeln sich die neuen Würmer in den abgestorbenen Larven und verlassen ihn nach ca. 2-3 Wochen um dann die nächsten Larven wieder zu infizieren. Es wurde aber auch noch einmal betont, dass diese Würmer nur gegen Insektenlarven wirken. Negative Auswirkungen auf Menschen, Haustiere, Pflanzen oder Nützlinge sind nicht bekannt. Nematoden werden lebend geliefert und müssen kühl gelagert werden bis sie zum Einsatz kommen. Sie werden über das Gießwasser ausgebracht. Sie können aber nur ab bestimmten Temperaturen eingesetzt werden. Typische Bekämpfungszeiten sind, z.B. für den Dickmaulrüssler, von April bis Mai und August bis Mitte Oktober.

Für 500m² Bekämpfungsfläche muss man mit ca. 25 € rechnen. Selbst gegen Ameisen können Nematoden zum Einsatz kommen. Sie töten die Ameisen nicht, aber nur weil die Ameisen instinktiv merken das etwas nicht stimmt und ihren Bau umgehend an einen anderen Ort verlegen. Dadurch hat man aber für ca. ein Jahr dann Ruhe. Als interessantes Einsatzgebiet wären da Terrassen zu nennen. Sogar gegen die Ackernacktschnecke kommen Nematoden zum Einsatz. Allerdings muss man diese Art dann aus England beziehen. Auch hierzu ein interessanter Link zu weiterführenden Informationen

Lebensräume schaffen und verbessern

Jeder Kleingärtner hat es eigentlich selber in der Hand um sich seine eigene kleine Armee gegen die Schädlinge aufzustellen. Dazu bedarf es nicht sehr viel. Schaffen Sie einfach Lebensräume im Garten, in denen sich dann bevorzugt Nützlinge aufhalten können.

  • Reduzieren Sie den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln
  • Schaffen Sie Totholz- und Steinhaufen als Versteckmöglichkeiten oder Insektenhotels
  • Biotechnische Maßnahmen zur Bekämpfung von Schädlingen wie Leimgürtel oder Pheromonfallen.
  • Offene Sandflächen schaffen als Nistmöglichkeiten für räuberisch le3bende Wildbienenarten.
  • Setzen Sie Stauden die auch noch spät im Jahr blühen. Somit bieten Sie den sich von Pollen ernährenden, erwachsenen Nützlinge lange Nahrung an.
  • Lassen Sie Samenstände stehen, damit sich Vögel davon ernähren können, denn auch sie vertilgen jede Menge Insekten übers Jahr.
  • Wird der Garten winterfest gemacht lassen Sie Blätterhaufen liegen. Dort können sich Insekten über den Winter verstecken und im nächsten Jahr wieder aktiv werden.

Mit diesen Kleinigkeiten fördern Sie den Kreislauf der Natur und das Gesetz "fressen und gefressen werden" tritt wieder auf natürliche Weise in Kraft.

Quellenangaben:
Broschüre „Nützlinge im Garten“ Julius Kühn-Institut (Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen)
Broschüre „Biologische Schädlingsbekämpfung mit Nematoden“ der Firma e-nema
Internetseite „www.blattlaus.de“

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